Entstehen Goldnuggets durch Erdbeben?
Die Zeiten der großen Funde von Goldnuggets scheinen lange vorüber und doch haben die von der Natur unregelmäßig geformten reinen Goldklumpen ihre Faszination nicht verloren. Auch heute finden Menschen immer noch vereinzelnd die ebenso schönen wie wertvollen Brocken in der Erde, in Flüssen oder im Gestein. Doch wie gelangen sie eigentlich dorthin? Schließlich ist Gold Teil unserer Erdkruste und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen durch die Explosion und Ablagerung eines anderen Sterns entstanden. Laut einer neu vorgestellten Theorie eines australischen Forschungsteams der »Monash University School of Earth Atmosphere and Environment« von Melbourne wäre es möglich, dass Goldnuggets durch Piezoelektrizität im Quarz in Folge von Erdbeben entstanden sein könnten.
Um ihre Hypothese zu überprüfen, führten die Forschenden ein Experiment durch, das die Bedingungen von Quarz während eines Erdbebens nachbilden sollte. Geleitet wurde die Studie von Dr. Christopher Voisey. Sie wurde Anfang September 2024 im Fachmagazin Nature Geoscience veröffentlicht und basiert auf der Standarderklärung, dass Gold aus heißen, wasserreichen Flüssigkeiten ausfällt, wenn diese durch Risse in der Erdkruste fließen. “Wenn diese Flüssigkeiten abkühlen oder chemische Veränderungen durchlaufen, scheidet sich Gold ab und bleibt in Quarzadern eingeschlossen”, erklärt Dr. Voisey. Dennoch ließe sich daraus keine zufriedenstellende Erklärung für die Entstehung großer Goldnuggets ableiten, da die Goldkonzentration in diesen Flüssigkeiten sehr gering sei, so der Geologe.
Die Piezoelektrizität in Quarz
Goldvorkommen befinden sich charakteristisch in Quarz. Dabei handelt es sich um ein Mineral in unserer Erdkruste, das über die einzigartige Eigenschaft der Piezoelektrizität verfügt. Es ist in der Lage, eine elektrische Ladung zu erzeugen, wenn es einer Spannung ausgesetzt wird. Dieses Phänomen nutzen wir bereits seit vielen Jahrzehnten in klassischen Alltagsgegenständen wie etwa Quarzuhren oder Feuerzeugen: Eine kleine mechanische Kraft lässt eine enorme Spannung entstehen. Sie sorgt für den Antrieb in Uhren oder den Funken, der die Flamme erzeugt.
Die Simulation eines Erdbebens mit Quarzkristallen
Die Wissenschaftler der australischen Fakultät haben sich gefragt, was passieren würde, wenn die Spannung durch Erdbeben im Inneren der Erde ähnliche Auswirkungen hervorrufen würde. Ein Experiment sollte ihre These untermauern. Dazu tauchten sie Quarzkristalle in eine goldreiche Flüssigkeit und erzeugten mithilfe eines Motors Spannungen, welche die Erschütterungen eines Erdbebens simulieren sollten.
Anschließend wurden die Quarzproben unter dem Mikroskop untersucht, um herauszufinden, ob sich an den Kristallen Gold abgelagert hatte. “Die Ergebnisse waren atemberaubend”, erklärte Professor Andrew Tomkins. So hätte der Quarz nicht nur elektrochemisch Gold auf seiner Oberfläche abgelagert, sondern auch Goldnanopartikel gebildet und angesammelt. “Bemerkenswert ist, dass das Gold dazu neigt, sich auf vorhandenen Goldkörnern abzulagern, statt neue zu bilden”, so der Co-Autor der Studie. Das würde daran liegen, dass Quarz ein elektrischer Isolator ist, während Gold sich als Leiter verhält. “Unsere Entdeckung liefert eine plausible Erklärung für die Bildung großer Goldnuggets in Quarzadern”, ist Dr. Voisey überzeugt.
Die Bedeutung der wissenschaftlichen Erkenntnisse
Weitere Erdbeben würden den Quarz immer wieder aufs Neue beanspruchen, sodass piezoelektrische Spannungen entstehen, die das gelöste Gold aus der umgebenden Flüssigkeit herauslösen und so zu seiner Ablagerung führen könnten. Im Laufe der Zeit wäre es also möglich, dass sich über diesen Prozess bedeutende Goldansammlungen bilden können. Diese würden letztendlich die großen Goldnuggets hervorbringen, die Schatzsucher und Geologen gleichermaßen in ihren Bann ziehen.
“Im Wesentlichen wirkt der Quarz wie eine natürliche Batterie, bei welcher das Gold als Elektrode fungiert”, erklärt Dr. Voisey. Bei jedem seismischen Ereignis würde sich langsam immer mehr Gold ansammeln. Dieser Prozess könnte die Erklärung dafür liefern, warum große Goldnuggets so oft mit Quarzadern in Zusammenhang stehen, die durch erdbebenbedingte Einlagerungen entstanden sind.
Dieses neue Verständnis über die Entstehung von Goldnuggets beleuchtet nach der Erkenntnis der Geologen nicht nur ein seit langem bestehendes erdgeschichtliches Mysterium, sondern würde ebenfalls die Wechselbeziehung zwischen den physikalischen und chemischen Prozessen der Erde unterstreichen.
Die größten jemals gefundenen Goldnuggets
Der Klondike-Goldrausch in Alaska und Kanada zog ab 1896 mehr als hunderttausend Goldsucher aus aller Welt an. Auch in Australien oder Brasilien gab es im 19. Jahrhundert solche Goldrausche. Viele fanden nicht einmal Goldstaub, andere kamen zu großem Reichtum. So entdeckten die beiden Goldgräber John Deason und Richard Oates 1869 das weltgrößte Goldnugget, das unglaubliche 70,56 Kilogramm auf die Wage brachte. Der gigantische Goldklumpen, der den Namen »Welcome Stranger« erhielt, hätte heute einen Wert von rund fünf Millionen Euro. Leider wurde der Goldriese eingeschmolzen und zu Goldbarren verarbeitet. Vorhanden ist lediglich ein originalgetreues Replica.
Der größte heute noch existierende natürliche Goldklumpen wurde 1983 von Júlio de Deus Filho gefunden und hat ein Gewicht von 60,8 Kilogramm. Er trägt den Namen »Pepita Canaã«, nach dem gelobten biblischen Land. Spektakulär ist ebenfalls der Fund des 48 Kilo schweren »Monumental Nugget«, das 1869 in einer US-amerikanischen Goldmine gefunden wurde.
Die australische Prägestätte Perth Mint gibt seit 2019 eine Münzserie mit dem Titel Australian Nugget heraus. Sie ist den bedeutenden und größten Goldnuggets der Welt gewidmet und stellt auf ihrer Rückseite die Motive der jeweiligen Goldfunde dar. Auch die Royal Canadian Mint erinnert mit der Münzreihe Klondike Gold Rush seit 2021 jährlich an den großen Goldrausch des 19. Jahrhunderts.
Fazit: Goldnuggets auch zukünftig möglich?
Dank der Studie der australischen Geologen könnte ein weiteres Rätsel der Erdgeschichte entschlüsselt worden sein. Mehr noch, wenn die Theorie zutrifft, wonach die Entstehung von großen Goldnuggets durch Erdbeben begünstigt wird, können auch zukünftig noch jederzeit bedeutende Goldfunde zutage gebracht werden. Mit den modernen Methoden von heute, bei denen Metallansammlungen in der Erde bereits aus der Luft lokalisiert werden können, dürften sie jedoch nicht lange verborgen bleiben.